Manche Worte gehören nicht ins Reich der Texte – wie der Kosmos der Poesie. „Der Vers ist ein Taucher – er konspiriert mit den Sternen“ (Durs Grünbein). Klar, dass es für diesen Teil von Wortwelten weder Auftraggeber noch Zeilenzwänge noch Lektoren gibt: Sie wachsen aus glücklichen Momenten, aus einem Fiasko, einem Kometen, der durch den Kopf fliegt – und plötzlich gibt ein Wort das nächste...
Das Eichhörnchen
KronenTurner, HerbstLaubHupfer
FellFarbFeuerwerk in Kupfer
Astkrobat in ParkWaldZelten
RotRennBlitz in LaubBlattWelten
SchwingSchwanz, SerpentinenSpringer
rasendrascher RindenSprinter
EichelEsser, VorratFüller
SpätSeptemberSehnsuchtStiller
HaselHörnchen, ZimtCroissant
BlätterZweigeSensation
zauberhaft, zerbrechlich, lieb –
und doch nichts als ein Eierdieb.
Gestern
Gestern ist der Herbst gekommen -
es war abends, gegen acht.
Hat sich einen Schnaps genommen
und das Licht früh ausgemacht.
Morgens schläft er Ewigkeiten,
seine Uhren woll´n nicht gehen.
Seine trüben Mittagszeiten
lässt er ungewaschen stehn.
Liebt die löchrig-alten Kleider
trabt in Stiefeln, dunkelbraun
und sein krummer, grauer Schneider
kleidet grade Zeit und Raum.
Morgen hüllen sich in Schweigen
Tal und Bach verschleiern sich,
Trauer frisst an allen Zweigen
und die Dunkelheit schluckt Licht.
Gestern ist der Herbst gekommen -
es war abends, gegen acht.
Hat sich einen Schnaps genommen
und den Sommer umgebracht.
Das Gürteltier
Das Gürteltier ist vor zwei Jahren
mal nach Budapest gefahren
Gulasch hat es da gegessen
und den Gürtel dann vergessen
seit Jahren lebt es nun im Frust
und trauert um den Gurtverlust.
Den Gürtel ließ die Trennung kalt:
Er hat´s bis heute nicht geschnallt.